Mittwoch, 23. Mai 2012

albert camus zitate - der mythos des sisyphos



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wie grosse kunstwerke bedeuten tiefe gefühle immer mehr,
als ihnen bewusst ist.die beständigkeit einer regung
oder eines widerwillens in einer seele findet sich
in den gewohnheiten des denkens und des handelns wieder,
sie setzt sich fort in wirkungen,von denen die seele
selbst nichts weiß. die großen gefühle führen ihre -
glanzvolle oder jämmerliche - welt mit sich.
sie erhellen mit ihrer leidenschaft eine geschlossene
welt, die ihrem klima entspricht.
so gibt es eine welt der eifersucht,des ehrgeizes,
des egoismus oder des großmuts.eine welt -
das heisst: eine metaphysik und eine geisteshaltung.

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das gefühl der absurdität kann an jeder beliebigen
straßenecke jeden beliebigen menschen anspringen.
es ist in seiner trostlosen nacktheit, in seinem
glanzlosen licht nicht zu fassen. doch ist gerade
diese schwierigkeit des nachdenkens wert.
wahrscheinlich ist es wahr, daß uns ein mensch immer
unbekannt bleibt und es in ihm immer etwas unauflösbares
gibt, das sich uns entzieht. praktisch aber
kenne ich die menschen, und ich erkenne sie an ihrem
verhalten, an der gesamtheit ihrer handlungen,
an den folgen, die ihre anwesenheit im leben hervorruft.
ebenso kann ich alle irrationalen empfindungen,
die sich nicht analysieren lassen, praktisch definieren
und praktisch bewerten,indem ich die summe ihrer
folgeerscheinungen in einer rationalen ordnung
zusammenfasse, alle ihre erscheinungsformen erfasse
und festhalte,ihre welt nachzeichne.

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eine stufe tiefer - die fremdheit: wahrnehmen,daß die welt <>,
ahnen, wie sehr ein stein fremd ist,auf nichts zurückzuführen,
und mit welcher intensität die natur oder eine landschaft uns verneinen kann.
in der tiefe jeder schönheit liegt etwas unmenschliches, und diese hügel,
der sanfte himmel, die umrisse der bäume - sie verlieren im augenblick den
trügerischen sinn, in den wir sie hüllten, und sind von nun an ferner
als ein verlorenes paradies. die ursprüngliche feindseligkeit der welt kommt,
durch die jahrtausende hindurch,wieder auf uns zu. eine sekunde lang
verstehen wir die welt nicht mehr, denn jahrhundertelang haben wir in ihr nur
die bilder und gestalten gesehen, die wir zuvor in sie hineingelegt hatten,
und nun fehlen uns die kräfte, von diesem kunstgriff gebrauch zu machen.
die welt entgleitet uns, da sie wieder sie selbst wird.
die von der gewohnheit verstellten kulissen werden wieder,
was sie wirklich sind.sie entfernen sich von uns.
wie es tage gibt an denen man unter dem vertrauten gesicht einer frau
jene andere wie eine fremde wiederentdeckt,die man vor monaten
oder jahren geliebt hatte, so werden wir vielleicht
gerade das begehren, was uns plötzlich so einsam macht.
doch ist die zeit dafür noch nicht gekommen. eines nur: diese dichte
und diese fremdheit der welt sind das absurde.

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wenn das denken im wechselspiel der erscheinungen ewige beziehungen
entdecken würde,die diese erscheinungen und sich selbst in einem einzigen
prinzip zusammenfassen könnten, dann könnten wir von einem glück
des geistes sprechen, an dem gemessen der mythos der seligen
nur ein lächerlicher abklatsch wäre.
diese sehnsucht nach einheit, dieses verlangen nach absolutem enthüllt
die wesentliche triebkraft des menschlichen dramas. nur impliziert
die tatsache dieser sehnsucht nicht, daß sie unverzüglich gestillt werden
müsse.wenn wir den abgrund zwischen begehren und erfüllung
überspringen und mit parmenides die wirklichkeit des  <>
(wie immer es beschaffen sein möge) behaupten, dann geraten wir
in den lächerlichen widerspruch eines geistes, der die totale einheit behauptet
und gerade durch diese behauptung sein eigenes anderssein und die
manigfaltigkeit beweist, die er angeblich aufgehoben hat. dieser weitere
"circulus vitiosus" genügt, um unsere hoffnungen zu ersticken.

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 solange der geist in der reglosen welt seiner hoffnungen schweigt,
spiegelt und ordnet sich alles in jener einheit seiner sehnsucht.
bei seiner ersten regung aber wird diese welt brüchig,
sie stürzt ein: eine unzahl schillernder bruchstücke bietet sich der
erkenntnis dar. man gebe die hoffnung auf, aus ihnen jemals die vertraute,
ruhige oberfläche, die uns den frieden des herzens geben würde,
wiederherzustellen.

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wollte man die einzig bedeutsame geschichte des menschlichen denkens
schreiben, so müßte man die geschichte seiner fortgesetzten korrekturen und
seiner ohnmachten verfassen.

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mir selbst fremd und dieser welt, ausgerüstet mit keinem anderen hilfsmittel
als mit einem denken,das sich selbst negiert, sobald es eine
behauptung aufstellt - was ist das für eine situation, in der ich nur frieden
finden kann durch die ablehnung des wissens und des lebens,
in der die eroberungslust an mauern stößt, die ihren angriff trotzen ?
wollen heisst widersprüche erwecken.
alles ist auf das zustandekommen jenes vergifteten friedens eingerichtet,
den sorglosigkeit, trägheit des herzens oder tödliche entsagung schenken.

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heidegger betrachtete kalt die conditio humana und verkündet,
dieses dasein sei erniedrigt. die einzige realität in der ganzen rangordnung
der geschöpfe sei die sorge. für den in der welt und ihren zerstreuungen
verlorenen menschen stellt diese sorge sich als eine kurze undsie zur
vorübergehende furcht dar.wird diese fucht aber ihrer selbst bewusst,
dann wird sie zur angst, dem ständigen klima des klarsehenden menschen,
in dem das dasein sich wiederfindet. dieser philosophieprofessor
scheut sich nicht, in der denkbar abstraktesten sprache zu schreiben,
dass die endlichkeit des menschlichen daseins ursprünglicher sei
als der mensch selbst. kant interessierte ihn - aber nur, um die
begrenztheit seiner reinen vernunft festzustellen und am ende seiner
untersuchungen zu schließen, dass die welt dem angsvollen menschen
nichts mehr zu bieten habe.